Spintronik in Metallen und Graphen - Vortrag von Christian Leutenantsmeyer

In jedem Jahr kurz vor Weihnachten lädt die Fachgruppe Physik eine ehemalige Absolventin oder einen ehemaligen Absolventen eines Physik-Leistungskurses ein, um den jetzigen Schülerinnen und Schüler der Oberstufen-Physikkurse von ihrem persönlichen und beruflichen Werdegang zu berichten. Den Schülerinnen und Schülern werden dabei mögliche Perspektiven für ihre eigene Zukunft aufgezeigt und sie erkennen, dass die in der Schule vermittelten Inhalte eine gute Grundlage für eine weitere Ausbildung im MINT-Bereich darstellen. Die Vortragsreihe besteht bereits seit dem Jahr 2004 (siehe Vorträge).

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In diesem Jahr war Christian Leutenantsmeyer bereit, den Vortrag zu übernehmen. Er absolvierte sein Abitur am Gymnasium Nordhorn im Jahr 2008. Danach begann er das Physikstudium in Göttingen, das er 2011 mit dem Bachelor und 2013 mit dem Master of Science abschloss. In 2014 wechselte zur Promotion in die Niederlande zur Universität Groningen, wo er auch heute noch beschäftigt ist.

Den Schwerpunkt von Christian Leutenantsmeyers Bericht stellte seine wissenschaftliche Arbeit dar. Durch seine Darstellung zog sich dabei als roter Faden seine Tätigkeit auf dem Gebiet der Spintronik. Der Begriff ist ein Kunstwort, das aus den Wörtern „Spin“ und „Elektronik“ gebildet wird. In diesem Arbeitsgebiet versucht man, den Elektronenspin, eine Quanteneigenschaft von Elektronen, auszunutzen, um kleinere und leistungsfähigere Computerchips zu entwickeln. In der herkömmlichen Elektronik spielt der Elektronenspin keine Rolle. Ein Spinstrom, wie er in der Abbildung unten schematisch dargestellt ist, kann durch magnetische Materialien erzeugt und detektiert werden.

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Christian Leutenantsmeyer stellte dar, wie er für seine Bachelorarbeit Spinströme in Metallen untersuchte. Dazu stellte er Bauelemente her, die aus zwei dicht nebeneinander liegenden magnetisierbaren Schichten bestanden, die wiederum von einer sehr dünnen isolierenden Schicht getrennt wurden. In der ersten Magnetschicht wurden die Spinströme erzeugt, mit Hilfe der zweiten wurde der Widerstand gesteuert. Der Widerstand der drei Schichten ist von der relativen Ausrichtung der magnetischen Schichten abhängig. Im Falle antiparalleler Ausrichtung ist der Widerstand hoch, im Falle paralleler Ausrichtung geringer. Damit hat man einen Weg gefunden, die Grundzustände „0“ und „1“ der Informatik darzustellen.

Die Metallschichten erzeugte Christian Leutenantsmeyer durch Aufdampfen im Ultrahochvakuum, die Ausmaße liegen dabei im Nanometerbereich, also im Bereich von millionstel Millimeter. Die folgende Abbildung zeigt die Anlage, mit der Christian Leutenantsmeyer arbeitete. Die Skizze gibt ein Bild von den Ausmaßen und der Komplexität der Bauteile, die nach der Herstellung natürlich noch gründlich auf ihre Funktionstüchtigkeit hin untersucht werden mussten.

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In der Masterarbeit wurde untersucht, ob und auf welche Weise die Magnetisierung der Schichten durch ein TemperaBild5turgefälle gesteuert werden kann. Der Hintergrund ist, dass man versuchen will, die Abwärme zu nutzen, die bei elektrischen Strömen unvermeidlich anfällt.

Mit seinem Wechsel nach Groningen wechselte Christian Leutenantsmeyer auch das Material, an dem er die Effekte der Spintronik erforschte. In Groningen geht es nicht mehr um Metalle, sondern um Graphen. (Die Betonung liegt auf der zweiten Silbe.) Graphen ist ein so genanntes zweidimensionales Material. Es besteht aus einem Netz aus Kohlenstoff-Atomen, das nur eine Atomlage dick ist; man spricht von einem Bienenwabengitter (vgl. Abbildung rechts). Von diesem Material verspricht man sich Wunderdinge in ganz unterschiedlichen technischen Gebieten, wie etwa im Fahrzeug- und Flugzeugbau, in der Elektronik oder eben in der Spintronik. Die EU stellt daher für die Graphenforschung Forschungsgelder von einer Milliarde Euro zur Verfügung. Für grundlegende Forschungen mit Graphen erhielten die Physiker Andre Geim und Konstantin Novoselov im Jahr 2010 den Nobelpreis.

Christian Leutenantsmeyer ergänzte den wissenschaftlichen Teil seines Vortrages, indem er von seinen positiven Erfahrungen mit dem Studienort Göttingen berichtete und den Schülerinnen und Schülern praktische Tipps im Hinblick auf ein Physikstudium vermittelte. Herr Hamel, der Fachbereichsleiter Physik, bedankte sich bei Christian Leutenantsmeyer für den interessanten und inhaltsreichen Vortrag. Die Schülerinnen und Schüler entließen Christian Leutenantsmeyer mit lang anhaltendem Applaus.

Hermann Hamel